Archiv der Kategorie: Weiterbildung

Die Webcon 2014

Heute geht es mal nicht um HR. Wer mein Blog regelmäßig liest, weiß, dass ich gerne auch mal über den Tellerrand gucke, und wer mich nicht nur online kennt, weiß auch, dass meine Freizeitaktivitäten recht vielfältig sind. Einen Teil meiner Freizeit verbringe ich online, als Betreiberin eines Forums, und darüber sprach ich am 8.11. in Aachen bei der Webcon.
2012 war ich zum ersten Mal bei der Webcon dabei, und sprach damals darüber, ob Personaler Bewerber googeln, und was man für die eigene Reputation im Netz tun kann. 2013 konnte ich wegen Terminkonflikten nicht dabei sein, aber dieses Jahr hat es geklappt, und es gab wie auch schon 2012 eine Menge toller Vorträge und Präsentationen und viel Gedankenfutter, was mir auch für meine Arbeit im HR neue Impulse gegeben hat.

Besonders beeindruckend war die Session von Karin zum Thema Zufriedenheit im Job – was ja auch irgendwie ein HR-Thema ist, aber nicht nur, und Karin ist keine Personalerin. Interessant war nicht nur ihr Vortrag, sondern vor allem die nachfolgende Diskussion zu der Frage, wer denn mit seiner Arbeit zufrieden sei. Nach welchen Kriterien bemisst sich Zufriedenheit, ist es die Arbeit selbst, mit der man (manchmal) unzufrieden ist, ist es vielleicht das Umfeld, das Unternehmen, das Team, die Branche, der Chef? Kann ich etwas gegen Unzufriedenheit tun, außer zu kündigen und mir etwas Neues zu suchen? Vor ein paar Monaten bloggte ich zum Thema Motivation und Montagsblues, und einige der Fragen, die ich mir da stellte, kamen auch in der Diskussion zur Sprache. Ein spannendes Thema, zu dem es wohl keine allgemeingültige Lösung gibt und das noch eine Menge Diskussions- und Blog-Stoff liefert.

Wer davon träumt, einmal ein Buch zu schreiben und dieses auch zu veröffentlichen, kam in der Session von Corina voll auf seine Kosten. Der Raum platzte aus allen Nähten, Uni-Feeling kam auf, als sich Späterkommende vor die bereits besetzten Stühle auf dem Boden niederließen, und Corina sparte weder mit Humor noch mit den ernsthaften und teilweise harten Seiten des Autoren- und Buchgeschäfts. Auf ihre Eingangsfrage, wer in den letzten Wochen ein Buch gekauft habe, habe wohl nicht nur ich mit der Rückfrage „Wie, nur eins?“ geantwortet. Gleichzeitig machte Corina sehr charmant und und absolut dezent Werbung für den O’Reilly-Verlag, der einer der Sponsoren der Webcon war und auch einige Ansichtsexemplare aktueller Bücher im Gepäck hatte. Würde ich also jemals ein Buch für IT-affines Publikum… nein, wir wollen mal weder übermütig werden noch die Werbepause verlängern. Auch das Thema Self-Publishing wurde nicht ausgelassen, kam aber in Anbetracht der doch fortgeschrittenen Zeit ein wenig zu kurz.

„Usability begreifen in 60 Minuten“ war der Titel der nächsten Session, die ich besuchte, und Armin schaffte es in sehr erfrischender Art und Weise, Usability nicht nur zu erklären, sondern trotz ISO-Normen und Gesetzestexten so greifbar und spannend zu machen, dass die Zeit wie im Flug verging und hoffentlich so mancher Programmierer oder Projektmanager künftig etwas mehr darauf achtet.

Dass man seine Session ganz ohne Visualisierung wie eine Lesung oder ein Gespräch gestalten kann, zeigte Klaus Kusanowsky in seinem Vortrag über Internettrolle. Sehr interessant, auch irritierend, und die am Ende des Vortrags entstandene Diskussion musste aus Zeitgründen abgebrochen werden. Mit den Ideen und Thesen von Klaus ließe sich locker ein ganzer Tag füllen.

Zum guten Schluss teilten Sabine und Stefan ihre Erfahrungen mit Rotation Curation bei Twitter und dann ging es auch schon zur Abschlusssession.

Der Termin für die nächste Webcon steht auch schon fest, es ist der 14.11.2015, und wenn nicht wieder etwas dazwischen kommt, werde ich dabei sein. Immer nur HR-Konferenzen zu besuchen und darüber zu schreiben wäre ja auch eintönig 😉

P.S.: Eine Zusammenfassung findet sich auch hier http://www.webcon.de/blog/webcon2014-rueckblick/

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Hilfreiche Kategorisierungen

Das Schubladendenken ist ja verpönt, also, zumindest offiziell. Denn wir behandeln selbstverständlich alle Bewerberinnen und Bewerber, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleich und jeder kommt zu seinem Recht und von Schubladen und Kategorisierungen halten wir nichts.
Oder doch?
Schubladen gibt es im HR-Umfeld eine Menge, spontan fällt mir da die Generation Y ein (eine sehr große Schublade), oder auch die Best Ager (die Mitarbeiter 50+), die in MINT-Fächern zu fördernden Frauen, die fehlersuchenden Autisten, die telefonierenden Blinden, die Männer-in-Grundschulen-und-Kindergärten… um nur einige zu nennen.

Unser Gehirn mag Schubladen und Kategorien, um die Welt zu begreifen und zu sortieren, und so lange wir darin nicht steckenbleiben, sind Schubladen nicht nur verkehrt.

Ich habe bei einem PE-Frühstück der Kommunikations-Kolleg AG (http://www.kkag.com/) eine Kategorisierungsmöglichkeit für den internen Weiterbildungs- und Schulungsbedarf kennengelernt, die mir sehr gut gefallen hat, weil die vier Kategorien recht durchlässig sind und weil Mitarbeiter in einzelnen Bereichen unterschiedlichen Kategorien zugeordnet werden können. Jemand, der neu im Unternehmen ist, ist vielleicht Anfänger in einem Bereich, dafür aber Experte in einem anderen. So können verschiedene Trainingsbausteine entwickelt und eingesetzt werden, je nach Bedarf und Kenntnisstand der Mitarbeiter.

Die Kategorien:

  • Novize: ist neu im Job bzw. in der Aufgabe und benötigt grundlegende Schulungen
  • Kompetent: erledigt Aufgaben sicher, kennt sich in grundlegenden Themen aus
  • Erfahren: erbringt Leistung auch in bisher unbekannten Situationen, erweiterte Kenntnisse
  • Experte: kann andere trainieren und entwickelt eigenständig Lösungen und neue Ideen

 
Die Übergänge zwischen den einzelnen Kategorien sind fließend, und vor allem gefällt mir an diesem Ansatz, dass die individuellen Voraussetzungen jedes Mitarbeiters abgebildet werden können.

Wie weit man es mit der Individualisierung treiben möchte, das muss man sich (individuell) überlegen – und diese Überlegungen regelmäßig auf den Prüfstand stellen. Oder die Schubladen mal ausleeren und in der Kommode einen Frühjahrsputz machen.

In diesem Sinne, frohes Kategorisieren, Umverteilen und Nachdenken!

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Der Personalmanagementkongress 2014

Nun ist er schon seit fast vier Wochen vorbei, der Personalmanagementkongress in Berlin, und wie das manchmal so ist im (Arbeits)Leben, gibt es viele kleine Dinge, die zur Funkstille in einem Blog führen. Darauf will ich auch gar nicht weiter eingehen – dass es hier ruhig war, fällt auch ohne Erklärungen auf.

Der diesjährige Personalmanagementkongress war der fünfte überhaupt, und für mich der vierte, den ich besucht habe. Es war insgesamt auch der beste. 2011 war ich das erste Mal zum Kongress in Berlin und war tief beeindruckt und von allem sehr angetan. 2012 hatte ich wohl kein gutes Händchen in der Auswahl der Vorträge und Workshops, die ich besuchte, und fuhr mit sehr gemischten Gefühlen nach Hause. 2013 war durchwachsen, aber wesentlich besser als 2012, und 2014 war einfach nur gut.

Ich habe sehr viele Ideen und Impulse mitgenommen, ich habe viele Gespräche geführt, ich habe Widerspruch bekommen zu meinen Gedanken, ich habe tolle Menschen kennen gelernt und ich habe gesehen, dass viele Kollegen und Kolleginnen auch „nur mit Wasser kochen“, was sehr beruhigend und inspirierend war. Manchmal kommen einem ja Zweifel, ob das, was man so jeden Tag am Schreibtisch tut, gut genug ist, oder passend, und ob man nicht auch so tolle Personalarbeit leisten könnte wie die, die auf Kongressen darüber berichten. Und dann trifft man auf einem Kongress auf Kollegen und Kolleginnen, die ihre Arbeit präsentieren und ganz offen über Probleme und Herausforderungen reden und auch mal sagen, dass sie keine Lösung haben oder dass sie etwas nicht wissen, und man kommt ins Gespräch und kann neue Perspektiven entdecken und die eigene Arbeit auch mal anders sehen und bewerten.

Ich möchte nicht auf jeden einzelnen Vortrag eingehen, den ich gehört habe, aber ein paar persönliche Highlights vorstellen.

  • Ein Schlüssel zu mehr Innovation: einfach mal machen – so simpel und irgendwie ausgelutscht das auch klingen mag. Wer innovativ sein möchte, braucht Zeit, um Neues entdecken zu können. Wenn ich innovative Mitarbeiter möchte, sollte ich ihnen die Zeit geben. Ob man Innovationen in Zielvereinbarungen eingliedern kann und sollte, da bin ich persönlich eher skeptisch, aber nachdenkenswert ist es allemal.
  • Führungskräfte als Personalentwickler, ein in vielen Unternehmen diskutiertes Thema, und sehr spannend. „Können“ Führungskräfte überhaupt Personalentwicklung leisten, „sollen“ sie das, welche Möglichkeiten und Grenzen gibt es? Wichtig ist, dass alle verstehen, was genau mit „Personalentwicklung“ im Unternehmen gemeint ist und wer dabei welche Rolle und Verantwortung hat. Dass Personalentwicklung einen Nutzen stiftet, und welcher Nutzen das ist, das deutlich zu machen ist Aufgabe von HR. Verordnen lässt sich das An-einem-Strang-ziehen in der Personalentwicklung nicht. Es gehört viel Vertrauen dazu, bei allen Beteiligten. HR tut gut daran, sich „unters Volk zu mischen“, eine Vertrauensbasis bei den Führungskräften zu schaffen und die Führungskräfte ernstzunehmen. Eine Selbstverständlichkeit? Wohl noch nicht überall.
  • Der „Fachkräftemangel“ geistert nicht nur durch Zeitungen, Fernsehsendungen und Blogs, sondern auch durch so manchen Personalerkopf. Wenn ich offene Stellen nicht besetzen kann, kann das viele Gründe haben. Dass es die gesuchte Person auf dem Arbeitsmarkt gar nicht gibt, ist nur ein möglicher Grund. In einem sehr aktiven und inspirierenden Workshop mit Jubin Honarfar von Whatchado sammelten wir Ideen dazu, wo unsere Zielgruppen überhaupt zu finden sind und wie man diese ansprechen kann, da, wo sie sind. Dabei kann es helfen, mal mit branchenfremden Kollegen und Kolleginnen zu diskutieren, denn dabei kommt man auf Dinge, an die man alleine nie gedacht hätte. Es muss auch gar kein Recruitingvideo sein – aber wenn, dann ist Whatchado auf alle Fälle ein sehr sympathischer und professioneller Partner dafür.
  • Geschwindigkeit ist keine Hexerei, sagt man, und ich als Oldtimerliebhaberin kann dem nur zustimmen, vor allem am Berg. Im Recruiting ist Geschwindigkeit ein wichtiger Faktor. Wie schnell antworte ich auf Bewerbungen, wie schnell prüft die Fachabteilung die Unterlagen, wie schnell können wir Feedback geben? Bewerber sollten nicht wochenlang warten müssen, und wenn der Prozess doch einmal länger dauert, sollten wir regelmäßig Kontakt aufnehmen und darüber informieren. Viele Manager möchten Zahlen haben über das, was im Unternehmen passiert. Die Definition von Key Performance Indicators ist auch und gerade im Recruiting eine gute Möglichkeit, die Arbeit zu dokumentieren und in „Managementsprech“ zu übersetzen und vor allem auch für das eigene Team zu sehen, wo etwas gut läuft und wo man etwas verbessern kann. Recruiting sollte kein Nischendasein fristen, das „jeder kann“, sondern Recruiter müssen in ihren Fähigkeiten entwickelt und gestärkt werden. Sie haben eine wichtige Rolle in der Außenwahrnehmung des Unternehmens, und nicht nur da: auch nach innen sind sie sichtbar und greifbar und benötigen dafür die entsprechende Unterstützung.

Auf den Personalmanagementkongress 2015 freue ich mich jetzt schon. Bis dahin werde ich weiter daran arbeiten, einzelne Impulse in meinem HR-Alltag auszuprobieren. Und wenn es sich ergibt, werde ich hier darüber schreiben.

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Vorträge müssen nicht langweilig sein

Letzte Woche war ich in Berlin auf dem Personalmanagementkongress. Es war eine gute Veranstaltung, die mir viel Spaß gemacht hat. Ich werde darüber auch noch separat schreiben.

Es gab Präsentationen und Vorträge zu vielen unterschiedlichen Themen. So unterschiedlich wie die Themen waren auch die Menschen, die vorne standen und präsentierten.
Aber viele Präsentationen und Vorträge hatten eines gemeinsam: sie waren in den ersten zehn Minuten ziemlich langweilig und kamen erst dann allmählich in Fahrt. Schade nur, wenn die Gesamtzeit der Präsentation nur zwanzig Minuten beträgt.

Der Grund für die (gefühlte) Langeweile war jedes Mal gleich: jeder Vortragende stellte zunächst sein Unternehmen vor. Grundsätzlich nicht verkehrt. Aber die Zuhörer waren wegen der HR-Themen da, und bei einem solchen Fachpublikum darf die Unternehmensvorstellung gerne auf ein Minimum beschränkt werden.

Es gab ein paar Präsentationen, die von Beginn an kurzweilig waren. Ein paar einleitende Sätze zur eigenen Person und zum Arbeitgeber, und schon drin im Thema.

Niemand erwartet, dass alle Präsentationen und Vorträge perfekt, außergewöhnlich oder besonders mitreißend sind. Aber wenn ich bei der Vorbereitung doch weiß, dass meine Zuhörer Personaler sein werden, weil ich weiß, dass ich auf dem Personalmanagementkongress präsentiere, dann kann ich mich darauf einstellen und überlegen, was meine Zuhörer möglicherweise erwarten. Das ist überhaupt ein wichtiger Punkt bei der Vorbereitung einer Präsentation: wer sind (voraussichtlich) meine Zuhörer, warum kommen sie zu mir, was ist mein Thema, was könnte für meine Zuhörer interessant sein?

Die Themen an sich waren bei allen Vorträgen spannend, und ich fahre nicht zuletzt deshalb gerne nach Berlin zum Personalmanagementkongress, weil ich weiß, dass ich dort Impulse von Praktikern bekomme und mich mit Kolleginnen und Kollegen darüber austauschen kann.
Unternehmensinformationen kann ich mir im Nachgang immer noch besorgen, daher kann ich nur dazu ermuntern, Mut zur „Lücke“ (die im Grunde keine ist) zu haben und beim nächsten Vortrag für Personaler einfach nur zwei Sätze zum Unternehmen zu sagen statt zweihundert.

Denn das, was es zu HR-Themen zu sagen gibt, braucht sich nicht hinter bunten Marketingfolien zu verstecken, ganz im Gegenteil, die HR-Themen dürfen und sollen öfter im Vordergrund stehen. Nicht nur beim Präsentieren!

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Psychologie für Personaler

Falls es die eierlegenden Wollmilchsäue wirklich gibt, findet man sie bestimmt in der Personalabteilung.
Was sollen Personaler nicht alles sein und können: Strategen, Personalfinder, Businesspartner, Trainer, Controller, ROI-Berechner, Statistiker, Lohnabrechner, Datenbankpfleger, Aktendompteure, Prozessoptimierer, Kulturbeauftragte, Stellenanzeigentexter, Fachchinesischübersetzer, Minderheitenbetreuer, Notfallmanager, und natürlich auch Experten für alle möglichen psychologischen Zusammenhänge und Probleme. Diese Liste ist wahrscheinlich nicht einmal vollständig.

Im Magazin „Human Resources Manager“ ist in einem Gastbeitrag zu lesen, dass Personaler klinisch-psychologische Kenntnisse benötigen, und dass diese Teil der Ausbildung sein müssten.
(Wer den Artikel komplett lesen möchte, kann das hier tun: http://www.humanresourcesmanager.de/ressorts/artikel/zerstoererische-prozesse )

Ich habe mich in einem Aufbaustudium intensiv mit den Themen Psychologie, Psychiatrie, Verhalten, und Kommunikation beschäftigt und finde durchaus, dass das Wissen darüber auch in meiner Arbeit in der Personalabteilung hilfreich ist. Psychologische (Er-)Kenntnisse können uns helfen, unsere Arbeit als Personaler gut zu machen.

Ein Lesetipp für alle, die sich nicht mit simpler Alltagspsychologie zufriedengeben wollen, aber sich noch nicht an rein wissenschaftliche Lektüre herantrauen, ist das Buch „Abschied von der Küchenpsychologie: Das Wichtigste für Ihre psychologische Allgemeinbildung“ von Hans-Peter Nolting. Ich hatte, obwohl mir das Themengebiet an sich nicht unbekannt ist, einige Aha-Momente beim Lesen.
Ja, es ist hilfreich, wenn Personaler aufmerksam sind für Störungen, wenn Personaler ihre Kenntnisse über menschliches Verhalten und mögliche Probleme dafür nutzen, Führungskräfte in ihrer Arbeit zu unterstützen.
Wenn psychologische Kenntnisse dazu dienen, dass Personaler mutig(er) werden, Missstände oder Fehlentwicklungen anzusprechen, dass Personaler noch mehr auf den systemischen Kontext achten, wenn es um Problemlösungen geht, und wenn dieses Wissen in ein breites Fachverständnis eingebettet ist und der täglichen Arbeit eine weitere Facette hinzufügt, dann bin ich der Idee, dieses Themengebiet in die Aus- und Weiterbildung im Personalbereich stärker mit hineinzunehmen, nicht abgeneigt.

Aber es gibt meiner Meinung nach auch Fallstricke.
Ohne Erfahrung und Selbst-Bewusstsein besteht das Risiko, dass die psychologischen Kenntnise eher oberflächlich bleiben und zu Fehlannahmen verleiten- zum Beispiel, dass Einzelfaktoren oder gar einzelne Personen für ein Problem verantwortlich sind und diese geändert werden müssen, damit das Problem gelöst wird.
„Ja, Frau Müller ist einfach eine schwierige Person, sie passt halt mit ihrer Art so gar nicht ins Team. Ich hab da ja mal etwas gelesen über Persönlichkeitsstruktur, wir müssen das Team insgesamt anders aufstellen. Die Frau Müller versetzen wir, dann wird es im Team sicher besser.“ Solche und ähnliche Schlüsse werden, wenn man nicht aufpasst, im Alltag schon mal gezogen. Das Problem kann dadurch möglicherweise gelöst sein, möglicherweise ist aber gar nicht Frau Müller die Ursache, und dann hat uns die Betrachtung ihrer „Persönlichkeit“ nicht wirklich weitergebracht (und Frau Müller ist vielleicht auch nicht gerade froh über die Zuschreibung, der Sündenbock gewesen zu sein, selbst wenn wir ihr das nicht so gesagt haben, sondern die Nachricht nett verpackt haben).

Personale Faktoren werden oft überschätzt, und Faktoren, die sich aus dem Gesamtzusammenhang ergeben, werden dabei übersehen. Selten ist eine Person an sich „gestört“. Viel häufiger findet sich die Störung in der Interaktion, in einem Prozess oder in der Beziehung der Beteiligten untereinander. Manchmal braucht es auch eine strukturelle Änderung, um ein Problem zu lösen und eine Störung zu beseitigen. Gerade, wenn es darum geht, welche Verhaltensweisen (bewusst oder unbewusst) belohnt werden, z.B. bei Beförderungen, ist es nötig, sich mit der gesamten Organisation zu beschäftigen.

Bei der Überlegung, welche Kenntnisse Personaler für ihre Arbeit brauchen, komme ich auch immer wieder an die Frage, welche Rolle HR im Unternehmen denn überhaupt übernimmt. Dass es dafür keine einzige, immer richtige Antwort gibt, finde ich gar nicht schlimm. Jedes Unternehmen hat seine eigene Struktur und seine eigenen Vorstellungen von Personalarbeit.

Wo auch immer man Personalarbeit verortet, Personaler sind meiner Ansicht nach nicht die Mutti oder der Papi, sie sind nicht Erzieher, nicht Lehrerinnen, nicht Therapeuten, nicht Seelsorger, nicht psychologische Fachberaterinnen oder Betriebsärzte.

Es muss zu einer wie auch immer gearteten psychologischen Grundbildung für Personaler unbedingt dazugehören, Rollen, Aufgaben und Themen klar zu definieren und auch trennen zu können. Die eigenen Grenzen zu kennen und psychologisches Wissen nicht einfach zur Steigerung des eigenen Selbstwertgefühls zu benutzen, ist dabei wichtig.

Eine rundum spannende Fragestellung! Ich freue mich über Meinungen, Kommentare und Anregungen dazu.

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Lebenslanges Lernen

In der Gegend, aus der meine Großmutter stammt, gibt es einen Spruch: „Und wennde alt wirst wie a Kuh, lerne mussde immerzu.“

Lebenslanges Lernen ist ein Konzept, das einem gerade in der Personalentwicklung und mitunter auch in der Personalauswahl oder vielmehr in der Karriereberatung oft begegnet. Auch wenn es keine eindeutige Definition gibt, was mit dem lebenslangen Lernen denn nun konkret gemeint ist, eine gewisse Richtung gibt es doch. Um die Arbeitsmarktfähigkeit, oder neudeutsch Employability zu erhalten, sollen wir über die abgeschlossene Ausbildung oder das Studium hinaus immer weiterlernen, uns bilden, Kompetenzen erwerben oder erhalten, und so weiter. In meinem Studium der Erwachsenenbildung haben wir über dieses Konzept oft heiß diskutiert, und es wurde irgendwann einmal in „Lernen lebenslänglich“ umbenannt, weil für viele Teilnehmer in beruflichen Weiterbildungen dieser Eindruck entstand, dass man zum Lernen quasi verdammt sei, dass man sich einfach nicht dagegen wehren könne, dass irgendjemand halt definiert habe, dass man weiterlernen solle, während man doch viel lieber etwas anderes tun würde.

Neulich hatte ich mit LKW-Fahrern eine Diskussion über die nach dem Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz (Wahnsinnswort) vorgeschriebene insgesamt 5-tägige Fortbildung, die bis September 2014 nachgewiesen sein muss. Ich fahre LKW als Hobby und bräuchte diese Fortbildung eigentlich nicht, mache sie aber trotzdem, weil es mich interessiert, und weil ich gerne lerne. Außerdem sind diese Fortbildungen ganz schön spannend, wenn ich sie durch meine Trainerinnen-/Ausbilderinnenbrille betrachte. Wie gehen die Trainer mit dem teilweise doch recht drögen Stoff um? Wie motivieren sie Teilnehmer, die lieber ganz woanders wären, und die den Sinn der Fortbildung auch oft nicht recht einsehen? Welche Methoden nutzen sie, um die Themen zu vermitteln?

Bei vielen Fahrern, mit denen ich mich unterhalten habe, stand die „verlorene Zeit“ im Vordergrund und ein gewisses Unverständnis, warum man überhaupt 5 Tage benötige, den Stoff könne man doch auch in kürzerer Zeit „einpauken“. Es gab jedoch auch Ausnahmen. Das waren die Fahrer, deren Arbeitgeber im Vorfeld schon aktiv geworden war, um den Mitarbeitern die Seminare schmackhaft zu machen, und wo neben den Fahrern auch Disponenten ins Seminar kamen und gemeinsam lernten. Dort hatte die Fortbildung und auch die Idee des Lernens einen ganz anderen Stellenwert. Und die Fahrer waren mit ihrem Arbeitgeber sehr zufrieden, machten sogar Werbung, dass sie ja Leute suchen würden, und ich bin sicher, diese Spedition ist auf dem besten Wege, sich als attraktiver Arbeitgeber einen Namen zu machen.

Ob diese Zwangsbeglückung zur Weiterbildung tatsächlich den gewünschten Erfolg haben wird, nämlich das Berufsbild und das Arbeitsfeld insgesamt zu verbessern und auch für mehr Qualität „auf dem Bock“ zu sorgen, bleibt abzuwarten.

Es gibt viele Berufe, in denen regelmäßige Weiterbildung Usus ist, und andere, wo es den Leuten selbst überlassen ist, oder wo motivierte Personalentwickler und Führungskräfte das Thema entsprechend vorantreiben.

Lernen kann eine Menge Spaß machen, aber wer kann nicht Geschichten aus seiner Schulzeit erzählen, die von schlechtem Unterricht, Langeweile oder auch Angst handeln. Manche hatten tolle und verständnisvolle Ausbilder, andere haben weniger gute Erinnerungen an ihre Lehrlingszeit. Es gibt Professoren, die mitreißend und engagiert agieren, und natürlich auch das Gegenteil davon. Diese persönlichen Lernerfahrungspäckchen hat jeder, und wer Fortbildungen plant und Menschen dafür begeistern möchte, tut gut daran, das nicht zu vergessen.

Wie viel Spaß man beim Lernen haben kann, sieht man bei Sandra Dirks (http://www.apprenti.de/). Ich „kenne“ sie zwar bislang nur über Twitter, doch erlebe ich sie dort und in ihrem Blog als Trainerin, die mit großem Schwung und Freude bei der Sache ist. Seit gestern bin ich stolze Besitzerin ihres „Humorkochbuchs“ („Das Humorkochbuch für Trainer“) und bin von ihrer Art zu schreiben sehr angetan.

Wie viel Spaß man beim Lernen und beim Abarbeiten von (langweiligen?) Routineaufgaben haben kann, habe ich vor einigen Tagen an zwei Schülerpraktikanten gesehen.
Ablage? Ordner ins Archiv bringen? Shredder füttern? Post sortieren und austeilen? Büromaterial zählen und bestellen? Die beiden waren flott und gut gelaunt bei der Sache. Natürlich haben sie auch noch einiges andere gemacht und hoffentlich auch etwas gelernt.
Aber nicht nur sie, ich ebenfalls. Zum Beispiel habe ich gelernt, dass meine Zeitschätzungen für das Erledigen von Aufgaben teilweise völlig daneben lagen, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Ich habe gelernt, dass ich wieder mehr darauf achten muss, bei Aufgabenstellungen konkret zu sagen, was ich will und was ich meine, und nicht auf die Gedankenlesefähigkeit meines Gegenübers zu vertrauen, oder Wissen vorauszusetzen, das derjenige nicht haben kann. Meine beiden Praktikanten haben mir das sehr charmant klar gemacht, und so war die gemeinsame Zeit auch für mich sehr lehrreich.

Dass Kühe gar nicht so alt werden wie Menschen habe ich als altkluges Kind natürlich versucht, meiner Großmutter nahezubringen. Sie lächelte aber nur und sagte, ich würde irgendwann schon verstehen, wie der Spruch gemeint sei.
Ob ich es wirklich schon verstanden habe, weiß ich nicht, dass ich gerne lerne und dass ich Weiterbildung wichtig finde, das weiß ich. Und so freue ich mich jeden Tag auf Gelegenheiten, etwas zu lernen, und habe gegen dieses „lebenslänglich“ gar nichts einzuwenden.

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