… und das tut doch nicht wirklich weh, sagte neulich jemand in einer Diskussion zu mir, nachdem ich moniert hatte, dass ihm Stereotypen über verschiedene Nationalitäten locker-flockig über die Lippen gingen. Und: an jedem Klischee sei etwas Wahres dran, egal, ob es jetzt um Länder, Kontinente oder Geschlechter gehe.
So ein Schubladenschrank voll mit Klischees, Stereotypen und Vorurteilen ist nicht ungewöhnlich. Wir Menschen neigen ja dazu, Dinge und Situationen zu klassifizieren, und man kann das auch wunderbar erklären, was das Hirn und der Bauch dabei tun und vielleicht sogar, warum sie das tun.
Aber so ganz ungefährlich ist das nicht, und auch nicht so harmlos, wie mancher das darstellt. Der Weg vom Klischee über das Vorurteil hin zu Diskriminierung, Sexismus und Rassismus ist ziemlich glatt, und die Grenzen sind fließend. Manchen Kommentar steckt man noch achselzuckend ein oder lacht darüber und ärgert sich im Stillen, doch im Grunde müsste man viel öfter laut „Stopp!“ rufen. Nicht alles, was witzig klingt, ist es auch.
Gerade als Personalerinnen und Personaler tun wir meiner Meinung nach gut daran, uns mit dem Thema Diskriminierung zu beschäftigen und das nicht als reines Nice-to-have oder Machen-wir-mal-wenn-wir-Zeit-haben-Thema anzusehen, sondern immer wieder im Alltag genau zu schauen, was um uns herum passiert.
Ich habe diesen Blogbeitrag heute geschrieben, weil mehrere Dinge zusammengekommen sind und gerade alles gut passt. Vor ein paar Tagen las ich das Buch von Alice Hasters über ihre Rassismuserfahrungen. Irgendwo im Netz schrieb jemand darüber, es sei viel zu persönlich, aber genau das fand ich dabei sehr lesenswert. Es ist kein leichtes Buch. Es (ver-)stört an einigen Stellen, es kratzt, es piekt, und das macht es wichtig. Wir haben alle unsere blinden Flecken und unseren „unconscious bias“ und es ist notwenig, immer wieder darüber nachzudenken und unser Verhalten bei Bedarf auch tatsächlich zu ändern.
Dann sprach ich heute morgen mit einem Freund über sexistische Beschreibungen von Menschen (hauptsächlich trifft das wohl Frauen) und ob das im Jahr 2020 denn wirklich immer noch sein muss (tja…) und wie man dagegen angehen kann und was der und die Einzelne tun kann.
Und dann war die neueste Ausgabe des Human Resources Manager im Briefkasten mit dem Schwerpunkt: Diskriminierung. Ich habe noch nicht alle Artikel dazu gelesen, aber was ich gelesen habe, war sehr interessant und relevant und wie gesagt, nicht nur für Personalerinnen und Personaler ist das einfach ein unglaublich wichtiges Thema.
Wir Menschen sind nicht perfekt. Wir machen Fehler. Auch gute Führungspersonen machen nicht immer alles richtig. Aber das ist kein Grund, sich zurückzulehnen und zu sagen, dass man ja eh nix ändern kann und dass die Welt halt nun einmal so ist, wie sie ist.
1993 machte ich Abitur und danach ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Kindergarten. Damals war ein Lied gerade in Mode, über viele kleine Leute, die an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun und damit das Gesicht der Welt verändern können. Ich erinnere mich vor allem an ein Mädchen, das tagelang durch den Kindergarten spazierte und immer wieder sang „können das Sicht verändern, können das Sicht verändern.“ Als gute FSJ-lerin versuchte ich ihr natürlich beizubringen, dass es „das Gesicht verändern“ heißt. Aber heute denke ich manchmal, irgendwie hatte das Mädchen auch recht (ohne es zu wissen): denn wir können unsere Sicht auf die Welt ja tatsächlich verändern, wir können unseren Standpunkt hinterfragen, und wenn wir das tun, verändern wir am Ende womöglich ja doch auch die Welt. Hoffentlich zum Guten!
In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen und Lesern eine gute und möglichst geruhsame Zeit und den ein oder anderen Impuls zum Nachdenken und „Sich(t) verändern.“