Freitagsgedanke: der nie versiegende Bewerberbrunnen?

„Tipps“ und „Insiderinformationen“ zum Thema Bewerbungen und Personalgewinnung gibt es im Netz zuhauf. Ich schreibe absichtlich in Anführungszeichen, weil es regelmäßig vorkommt, dass mich diese Beiträge kopfschüttelnd oder ein wenig ratlos zurücklassen. Denn ich gewinne den Eindruck, dass der/die Verfasser/in entweder keine Ahnung von der Praxis im Unternehmen hat, oder dass es immer noch Kolleginnen und Kollegen gibt, die glauben, dass der Bewerberbrunnen, an dessen Sprudeln sie sich über die Jahre gewöhnt hatten, niemals versiegen wird.

Oder wie soll ich mir sonst erklären, wenn ein „Blick hinter die Kulissen der Personalabteilung“ verrät, Bewerberinnen und Bewerber sollten ein „kreatives Anschreiben“ verfassen und bloß kein Standardlayout für den Lebenslauf wählen. Und sich natürlich auch niemals vertippen und vor allem aus jeder Zeile die eigene Persönlichkeit durchschimmern, nein, strahlen lassen.

Da kann ich nur ganz laut rufen: Hört auf, Euren Bewerberinnen und Bewerbern bange zu machen!

Und macht Eure Hausaufgaben!

Wer Personal sucht und auswählt, für den darf Candidate Experience kein leeres Buzzword sein. Wer Personal sucht und auswählt, sollte wissen, welche Beurteilungskriterien für welchen Teil der Bewerbung sinnvoll sind und hinter welchen Tipps nur liebgewonnene Mythen und Legenden stecken (z.B., dass jemand, der Rechtschreibfehler im Anschreiben hat, schludrig arbeitet, oder dass jemand, der seinen Lebenslauf nicht ganz individuell und in extrem seltener Schriftart gestaltet hat, ein Langweiler ist, oder dass jemand, der Handball spielt, gut im Team arbeiten kann).

Wer Personal sucht und auswählt, darf nicht davon ausgehen, dass der Brunnen heute und in drei Wochen und nächstes Jahr schon genügend Bewerberinnen und Bewerber nach oben bringt und dass sich diejenigen, die sich bewerben, doch bitteschön ganz viel Mühe geben müssen.

Wer Personal sucht und auswählt, möge aufhören, Bewerberinnen und Bewerbern Steine in den Weg zu legen, sondern möge aus diesen Steinen Brücken bauen – oder ein Viadukt oder einfach das, was die Bewerbung leicht macht. Wer sich bewirbt, gibt sich in den meisten Fällen sowieso Mühe. Da muss man nicht auch noch testen, wie leidensfähig diese Person tatsächlich ist.

Liebe Leserinnen und Leser, wenn Sie sich gerade bewerben, wünsche ich Ihnen viel Erfolg und drücke die Daumen, dass Sie auf Arbeitgeber stoßen, die sich tatsächlich über Ihre Bewerbung freuen. Wenn Sie auf der anderen Seite des Tisches sitzen, wünsche ich Ihnen ein gutes Händchen (und Köpfchen) bei der Auswahl und wenn Sie mehr wissen oder diskutieren wollen, schreiben Sie gerne einen Kommentar oder nehmen direkt Kontakt auf.

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Eingeordnet unter Bewerbung, Klartext, recruiting

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